Am Anfang war das Wort Ballade Theodor Fontane: Junker Dampf

Theodor Fontane: Junker Dampf

Aus einem edlen Stamme
     Entsproß der Junker Dampf:
Das Wasser und die Flamme
     Erzeugten ihn im Kampf;
Doch hin und her getragen,
     Ein Spielball jedem Wind,
Schien aus der Art geschlagen
     Das Elementenkind.

Ja, frei an Füß‘ und Händen
     Ist er ein lockrer Fant,
Doch hinter Kerkerwänden
     Da wird er ein Gigant:
In tausend Trümmerreste
     Zerschlägt er jede Haft,
Mit ihrer Dicht‘ und Feste
     Wächst seine Riesenkraft.

Selbst da, wo seiner Zelle
     Ein schmales Pförtchen blieb,
Ringt er nach Luft und Helle
     Mit solchem Sturmestrieb,
Daß, wenn ihn beim Entwischen
     Des Thores Enge hemmt,
Den Kerker, unter Zischen,
     Er auf die Schulter klemmt;

Und so, trotz eh‘rner Fessel
     An Füßen noch und Hand,
Reißt er den Kerkerkessel
     Im Fluge mit durch‘s Land,
Reißt ganze Häuserreihen
     Mit fort, wie Wirbelwind,
Bis wieder er im Freien
     Nichts, als — ein spielend Kind.

Dieser Text ist Gemeinfrei.
Verfasst: 1843
Quelle: Theodor Fontane: Gedichte, Carl Reimarus’ Verlag. W. Ernst. – Berlin 1851, S. 93 ff.

> Siehe auch: Sämtliche Texte alphabetisch sortiert (Theodor Fontane alphabetisch)

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