Am Anfang war das Wort Ballade Theodor Fontane: Schloß Eger

Theodor Fontane: Schloß Eger

oder
drei böhmischer Grafen Tod.

Lärmend, im Schloß zu Eger
     Ueber dem Ungarwein,
Sitzen die Würdenträger
     Herzogs Wallenstein:
Tertschka — des Feldherrn Schwager,
     Illo und Kinsky dazu,
Ihre Heimath das Lager,
     Und die Schlacht — ihre Ruh.

Lustig flackern die Kerzen;
     Aber der Tertschka spricht:
„Ist mir‘s Nacht im Herzen,
     Oder vor‘m Gesicht?
Diese Lichter leuchten
     Wie in dunkler Gruft,
Und die Wände, die feuchten,
     Hauchen Grabesluft.“

Feurig funkelt der Unger;
     Aber der Kinsky spricht:
Draußen bei Frost und Hunger
     Schüttelte so mich‘s nicht,
Hielte lieber bei Lützen
     Wieder in Qualm und Rauch;
Wolle Gott uns schützen,
     Oder — der Teufel auch.“

Illo nur, Herz wie Kehle
     Hält er bei Laune sich,
Dicht ist seine Seele
     Gegen Hieb und Stich,
Trägt ein Büffelkoller
     Wie sein Körper traun, —
Lustiger und toller
     War er nie zu schaun.

Und vom Trunke heiser
     Kreischt er jetzt und lacht:
„Das erst ist der Kaiser,
     Wer den Kaiser macht;
Eid und Treue brechen
     Schreckt den Feigen allein,
Hoch, der König der Czechen,
     Herzog Wallenstein!“

Spricht‘s. Da neue Bewohner
     Klirrend in Eisen und Stahl,
Buttlersche Dragoner
     Dringen in den Saal;
Buttler selbst, im Helme,
     Tritt an den Illo: „sprich,
Seid Ihr Schurken und Schelme,
     Oder gut kaiserlich?!“

Hei, da fahren die Klingen
     Wie von selber heraus,
Von dem Pfeifen und Schwingen
     Löschen die Lichter aus;
Weiter geht es im Dunkeln,
     Nein, im Dunkeln nicht:
Ihrer Augen Funkeln
     Giebt das rechte Licht.

Tertschka fällt; daneben
     Kinsky mit Fluch und Schwur;
Mehr um Tod wie Leben
     Ficht selbst Illo nur,
Schlägt blindhin in Scherben
     Schädel und Flaschen jetzt,
Wie ein Eber im Sterben
     Noch die Hauer wetzt.

Licht und Fackel kommen,
     Geben düstren Schein:
In einander verschwommen
     Blinken Blut und Wein;
Ueberall im Saale
     Leichen in buntem Gemisch,
Stumm, vor seinem Mahle,
     Sitzt der Tod am Tisch.

Buttler aber, wie Wetter
     Donnert jetzt: „laßt sie ruhn!
Das sind erst die Blätter,
     An die Wurzel nun.“
Bald in Schlosses Ferne
     Hört man‘s Krachen und Schrein; —
Schau nicht in die Sterne,
     Rette Dich Wallenstein!

Dieser Text ist Gemeinfrei.
Verfasst: 1849
Quelle: Theodor Fontane: Gedichte, Carl Reimarus’ Verlag. W. Ernst. – Berlin 1851, S. 203 ff.

> Siehe auch: Sämtliche Texte alphabetisch sortiert (Theodor Fontane alphabetisch)

Bildquelle: Mit freundlicher Genehmigung von Kunst braucht Zeit (): Opus 28

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