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Theodor Fontane: Shakespeare an einen deutschen Fürsten

Du liebst die Kunst, und ziehst ihr friedlich Walten,
Ihr Auferbaun dem Lärm der Schlachten vor;
Die Schönheit und das Ebenmaaß der Alten,
Wie meines Geist‘s lebendige Gestalten —
Du würdigst sie mit oft erprobtem Ohr.
Setz‘ ein in alte, wohlverdiente Rechte
Die Dichterfürsten der Vergangenheit,
Doch zwiefach schaff‘ dem heutigen Geschlechte
Und seinen Dichtern, Fürst, Gerechtigkeit.

Die Kunst ist frei; sie duldet keine Fessel,
All‘ ihr Gesetz ist Schönheit und Natur;
Das Schwert des Zornes und des Witzes Nessel
Entreiß ihr nicht, es braut ihr Zauberkessel
Am Freiheitsfeuer Zaubertränke nur;
Ich suchte mir und fand die Missethäter,
Elisabeth, auf Deiner Väter Thron;
Wer aber zahlt dem tückischen Verräther,
Der Kronen trägt, auch heut noch seinen Lohn?

Wohlan denn Fürst, sei Du der Kunst Erretter,
Nimm ihr das Joch, darin sie schuldlos litt,
Frei sei der Dichter und die Welt der Bretter,
Ob immer auch ein throngeborner Vetter
Als Richard Gloster auf die Bühne tritt.
Du liebst die Kunst; was Licht und Sonnenschimmer
Der Blume sind, ist ihr die Fürstengunst,
Doch wie die Blume, Fürst, im Erdreich immer,
So wurzelt in der Freiheit alle Kunst.

Dieser Text ist Gemeinfrei.
Quelle: Theodor Fontane: Gedichte, Carl Reimarus’ Verlag. W. Ernst. – Berlin 1851, S. 228 f.

> Siehe auch: Sämtliche Texte alphabetisch sortiert (Theodor Fontane alphabetisch)

Bildquelle: Mit freundlicher Genehmigung von Kunst braucht Zeit (): Brückenschlag

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