Am Anfang war das Wort Gedicht Theodor Fontane: Der Bach und der Mond

Theodor Fontane: Der Bach und der Mond

(An Minna)

Es floß ein Bach durch Waldesgrün,
War lauter, klar und rein,
Viel Blümchen an dem Bache blühn,
Und alle nett und fein.

Doch tut er stets, als säh‘ er nicht
Die Blümchen um ihn her,
Des lieben Mondes Angesicht
Gefiel dem Bache mehr.

Er hat es gleich ans Herz gedrückt
Und zärtlich es geküßt,
Wenn’s nur auf ihn herabgeblickt
Und freundlich ihn gegrüßt.

Doch plötzlich raubt ein Wolkenschwarm
Dem Bach des Mondes Bild,
Da tobt er voller Schmerz und Harm
Durchs nächtige Gefild.

Das Leben dünkt ihn kein Genuß,
Nur einzig Qual und Not,
Und voller Lebensüberdruß
Erfleht er schon den Tod; –

Da, dank dem Ewgen, bricht hervor
Der Mond gar hell und klar; –
Was alles, auch der Bach verlor,
Jetzt droht ihm nicht Gefahr.

Jetzt, wo des Mondes Silberglanz
Sich spiegelt in der Flut,
Ist er der alte wieder ganz,
Dem Leben wieder gut.

Theodor Fontane

Dieser Text ist Gemeinfrei.

> Siehe auch: Sämtliche Texte alphabetisch sortiert (Theodor Fontane alphabetisch)

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