Am Anfang war das Wort Drama Theodor Fontane: Karl Stuart. Dramatisches Fragment (Erster Akt, Teil 4)

Theodor Fontane: Karl Stuart. Dramatisches Fragment (Erster Akt, Teil 4)

König.

Schlecht, Oberst? Sprecht, wie das?!

Bloomingfield.

Schlecht Majestät, weil man uns ganz vergisst,
Uns Sold bezahlt um — Nichts, anstatt der Treue
Doch auch ein Wort, ein Wort mit hier zu gönnen.

(er schlägt mit ganzer Hand an seinen Degen.)

Wir denken so: wie lange wird dies Nest
Von Rechtsverdrehern und von Krämerseelen,
— Dienstfertige Narren nennen‘s Parlament —
Noch unsrem Herrn in seiner Krone sitzen?
Und unser Tisch- und unser Nacht-Gebet
Heißt immer: Gott erleuchte unsren König,
Daß er, wie unser Heiland einst vor Zeiten,
Die Schachrer alle aus dem Tempel jagt.

König.

Topp, Bloomingfield, wie auch ihr Ausdruck sei,
Ich weiß die Treue jederzeit zu schätzen,
Und mit dem Herzen hört‘ ich, was Ihr spracht. —
Euch Oberst Goring, staun‘ ich fast zu sehn:
Vom Grafen Essex hört‘ ich gestern noch,
Ihr wär‘t mit Leib und Seele Puritaner.

Goring.

Das bin ich, Majestät; vor allen aber
Bin ich Soldat; und was ich sonst auch glaube,
Zuvörderst glaub‘ an Gott ich und — den König.

König.

Das nenn ich brav gesprochen! nun, Ihr Herrn,
Was führt Euch her? ein Wunsch aus solchen Herzen
Trägt die Gewähr in sich.

Bloomingfield.

Das wolle Gott!

Wir haben hier ein Blatt zu recht geschriftet,
Und bitten Eure Königlichen Gnaden,
Zu Trost und Hoffnung aller treuen Diener,
Dies Blatt zu unterschreiben. Inhalt lautet:
— Das heißt der langen Rede kurzer Sinn —
„Ich Unterzeichneter, der König Karl,
Will wieder König sein in meinen Landen,
Was ich hiemit kund und zu wissen thu.“

König. (lachend)

Habt Ihr das je bezweifelt! dachtet Ihr
Ich könnte je, gleich jenem Kaiser Karl,
Mein Diadem mit der Tonsur vertauschen?

Bloomingfield.

Schreibt, Majestät; ’s wirkt besser schwarz auf weiß.

König. (heiter)

Es mag drum sein!

(er unterschreibt.)

Nun Bloomingfield, nehmt hin!
Wir werden Eures Arms und Eurer Treue
Gar bald bedürfen, — sagt das Euren Corps‘s,
Und damit Gott befohlen!

(Die Obersten ab.)

Strafford, traun,

Wir haben Schätze noch trotz leeren Schatzes!
Des alten Graubarts ungeschlachtet Wort
Ging wie ein Becher Wein mir durch die Seele.
Ihr aber blickt so finster; was geschah?

Strafford.

Ein Nichts, und doch ein Etwas, — wie Ihr wollt.
Mein Blick fiel eben auf das Bild: es lachte;
Mir ging dies Lachen auch durch meine Seele.

König.

Strafford, was sicht Euch an?

Strafford.
(stürmisch die Hand des Königs fassend)

Mein Herr und König,
Wenn diese Hand zum letzten Mal ich küsste!

König. (voll Theilnahme)

Ihr seid noch krank, Mylord!

Strafford.

Mir ahnt Gefahr; —
Verschworen hat der Haß sich meiner Feinde,
Ich weiß es, ihre Fallen sind gestellt:
Sie oder ich, — so steht das Spiel.

(er schweigt einen Augenblick, dann in höchster Aufgeregtheit:)

Was auch gescheh‘,
Man kann an‘s Leben mir, nicht an die Treue. —
Und nun in‘s Haus der Lords! (ab.)

König.

Behüt‘ Euch Gott!

(er sieht ihm nach, dann nach einer Pause:)

O, weckte doch ein Abglanz solcher Treue
In allen Herzen, drin der Argwohn wintert,
Wie Sonnenblick, den Frühling des Vertrauens.
Vertrauen, schönster Stein in Königskronen,
Du Mutter aller Liebe, und ihr Kind,
Du einzig Pfühl, auf dem wir sorglos schlummern,
Ich rufe Dich, kehr‘ wieder in dies Land!
Es giebt kein Glück, wo Du den Rücken wandtest,
Es giebt kein Unglück — lächelst Du auf‘s Neu;
Laß siegen mich mit Dir in Friedensschlachten,
Ein Sieg nur über Herzen ist ein Sieg.

Dieser Text ist Gemeinfrei.
Quelle: Theodor Fontane: Gedichte, Carl Reimarus’ Verlag. W. Ernst. – Berlin 1851, S. 251 ff.

> Siehe auch: Sämtliche Texte alphabetisch sortiert (Theodor Fontane alphabetisch)

< Theodor Fontane: Karl Stuart. Dramatisches Fragment (Erster Akt, Teil 3) Ein Ball in Paris >

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